Feuerwerk

Feuerwerk

Über das Feuerwerk und ein Plädoyer für ein neues Silvester

Vergangenes Jahr hatten wir durch die einzigartige Situation zum ersten Mal ein Silvester ohne öffentlich verkauftes Feuerwerk. Als Kind habe ich es geliebt. Aber inzwischen habe ich seit Jahren keine Pyrotechnik mehr in den Händen gehabt. Warum? Sie erraten es schon: Es geht moralisch aktuell nicht.

Standpunkte

Die Feuerwerks-Händler in Deutschland sehen das grundsätzlich anders. Sie stellen sich auf den Standpunkt, Feuerwerke würden nur verschwindend geringe Mengen an Feinstaub und CO2 produzieren. Sie wären klimaneutral und würden nur 100% Altpapier und Holz verwenden.

Das mag zwar auf der Webseite stehen, und so sehr Feuerwerk abbrennen auch Spaß macht, es ist wie so oft das Maß, das entscheidend ist. Jeder freut sich über ein toll gestaltetes Feuerwerk wie bei den Mainzer Sommerlichtern. Das sind wunderschöne Choreographien von echten Profis gemacht für ein riesiges Publikum. Aber das “Böllern” der Einzelnen könnte nicht weiter davon entfernt sein. Und das ist, worum es bei dieser Debatte geht.

Der Tag danach

Wir alle kennen den Zustand unserer Städte nach Silvester – besonders, wenn es keinen Wind gibt. Die feuchte Morgenluft ist voller Ruß und es riecht nach Schwefel. Man möchte kaum atmen. Die Straßen sind gepflastert mit liegengelassenen Feuerwerks-Batterien, Kisten und zerbrochenen Flaschen für Raketen und Bergen von Böllerpapieren. Die Masse Abfällen, die an diesem einen Tag auf der gesamten Welt produziert werden, ist beachtlich: Allein an Hotspots in den fünf größten Städten Deutschlands entstehen 200 Tonnen Müll. Im ganzen Land werden 40.000 Tonnen Pyrotechnik für Silvester angekauft.

So sehr sich die Feuerwerks-Firmen auch grün darstellen wollen, umso trauriger ist das Ergebnis der Pforzheimer Forscher: An Sylvester entstehen in Deutschland 3.500 Tonnen Kunststoffmüll. Nur zum Vergleich: Eine handelsübliche 240l Mülltonne fasst ungefähr 6 Kilogramm Leichtverpackungen, also Aluminium, Verbundstoffe, Kunststoffe, etc. Würde man all diesen Müll in solch Tonnen stopfen, bräuchte man nach dieser Rechnung fast 600.000 Stück, um den gesamten Müll unterzubringen. Und das ist nur der Kunststoffmüll ohne das Altpapier.

Einmal tief ein

Ein anderer Punkt ist der Feinstaub. Die Medien nennen ihn in der Debatte wohl am häufigsten. Laut Umweltbundesamt ist Sylvester für 2 Prozent des PM2,5-Feinstaub Ausstoßes verantwortlich. Das hört sich erstmal nach nicht viel an. Aber man muss bedenken: Diese Masse an Feinstaub wird an einem einzigen Tag buchstäblich in die Luft gejagt wird. Möchte man da an Neujahr noch für einen Spaziergang das Haus verlassen? Durchschnittlich verlieren wir jedes Jahr 3,8 Tage Lebenszeit durch schlechte Luft. Stellen Sie sich vor, Sie müssten 4 Tage Urlaub im Jahr aufgeben, salopp gesagt weil der Nachbar seit dem letzten TÜV ohne Kat fährt und Abends an Sylvester noch 6 Raketen-Batterien aus dem Supermarkt zündet.

Und am Ende ist es Silvester für die kleinsten und schwächsten Anhängsel unserer Gesellschaft der größte Albtraum. (Haus)Tiere leiden sehr unter dem Lärm. Manche werden dadurch für ihr Leben traumatisiert und für immer schreckhaft oder verletzen sich an den darauffolgenden Tagen an Glasscherben und Böllerresten wie zerbrochenen Raketenhölzern.

Also, was nun?

Es ist deshalb Zeit, diese Tradition zu überdenken. Wofür betreiben wir diesen immensen Aufwand, Massen an Feuerwerk zu produzieren und abzubrennen? Wem ist damit nennenswert geholfen? Wenn wir in einigen Jahren 10 Milliarden Menschen auf der Welt sind, sollten wir alternative Pläne für Silvester in der Schublade haben. Es kann nicht jeder einzelne davon mit mehreren Kilo Pyrotechnik ausgestattet werden.

Und welches Zeichen setzt man damit? Den Beginn eines neuen Jahres, einer neuen Chance für uns alle, damit zu feiern, den Planeten und die Umwelt in die Luft zu jagen. Das ist einfach nicht mehr zeitgemäß. Mein Vorschlag: Wir könnten es ähnlich feiern, wie an Weihnachten: Im engsten Freundeskreis mit den Menschen, die uns am wichtigsten sind – ohne den Weihnachtsstress drumherum. Man kann sich mit Menschen zusammenfinden, die man selten sieht, neue Traditionen erfinden oder einfach mit einem Glas Sekt zuhause anstoßen.

Außerdem: Feuerwerk kann es immer noch geben. Aber am besten in den Händen von echten Profis. Deren Shows sind nämlich um längen besser, als die Discount-Rakten-Show aus dem Bierkasten. Gemeinsam kann sich eine ganze Stadt auf den Weg machen und ein schönes Feuerwerk genießen. Das genügt auch.

Titelmotiv: Mainzer Sommerlichter
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